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FB5: Kooperation Wissenschaft Arbeitswelt

Die Arbeiten des Forschungsbereichs befassen sich mit sozialen Beziehungen im Betrieb und ihren gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Insbesondere beschäftigen wir uns mit Fragen der Zusammenarbeit zwischen Arbeitnehmer*innen und ihren Interessenvertretungen mit Personen und Institutionen der Wissenschaft.

In unseren Forschungsprojekten, Veranstaltungen und Workshops führen wir wissenschaftliches und praktisches Wissen zusammen und binden Akteur*innen aus Wissenschaft und Arbeitswelt in kooperative Arbeitsformen ein. Auf diese Weise bieten wir Räume zur systematischen Zusammenarbeit, aus der neue Erkenntnisse für Wissenschaft und Praxis entstehen können.

                       

Zentrale Fragestellungen

  • Wie sind die Arbeitsbeziehungen zwischen Arbeitgeber*innen und Beschäftigten, zwischen Vorgesetzten und ihren Mitarbeiter*innen, zwischen Kolleginnen und Kollegen beschaffen?
  • Auf welche Weise nehmen Gewerkschaften und Betriebs-/Personalräte Einfluss auf die Gestaltung der Arbeitsbeziehungen?
  • Wie können Arbeitsbeziehungen im Sinne einer menschengerechten Arbeit gestaltet werden?
  • Wie werden wissenschaftliche Erkenntnisse über die Arbeitswelt gewonnen?
  • Wie vollzieht sich die Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse in der betrieblichen Praxis?
  • Welche Formen der Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Arbeitswelt sind geeignet, um neue Erkenntnisse und Problemlösungen hervorzubringen?

                         

Forschungsstränge und Themenfelder

1. Arbeitsbeziehungen / Industrielle Beziehungen

Arbeitsbeziehungen (auch als „industrielle Beziehungen“ bezeichnet) werden in der Soziologie als Formen des Austausches zwischen Kapital und Arbeit gefasst, die im Arbeitsvertrag nur unvollständig geregelt werden können. Historisch hat sich ein komplexes Beziehungsgeflecht zwischen Organisationen, Institutionen, Gruppen und Personen herausgebildet, in dessen Rahmen Arbeitsverhältnisse reguliert werden. Im Wesentlichen geht es dabei um Auseinandersetzungen, Verhandlungen und Vereinbarungen über Beschäftigungs-, Arbeits- und Entlohnungsbedingungen von Gruppen und Kollektiven abhängig Beschäftigter.

Arbeit ist für die Beschäftigten jedoch nicht nur Mittel zur Realisierung materieller Interessen, sondern immer auch eine Sphäre zwischenmenschlicher Anerkennung. In Arbeitsbeziehungen erfahren Beschäftigte gegenseitige Unterstützung und Wertschätzung, nicht selten aber auch Rivalität und Missachtung. In der Zusammenarbeit wirken und entwickeln sich moralische Normen und Grundsätze, die das tägliche Miteinander regulieren und deren Verletzung erhebliche Konflikte verursachen kann.

Aktuell scheint sich in betrieblichen Sozialbeziehungen ein Formwandel zu vollziehen, der auf eine stärkere Beteiligung der Beschäftigten abzielt. Während im tayloristischen Managementkonzept Kontrolle und Steuerung der Arbeit durch formale Regelungen, Vorschriften und technische Vorgaben sichergestellt werden sollten, wird den Beschäftigten in neuen Organisationsformen mehr Handlungsspielraum belassen und mehr Verantwortung für ihre jeweilige Tätigkeit wie auch für die Zusammenarbeit übertragen. Damit stellen sich neue Fragen der Gestaltung sozialer Beziehungen. Auch die Rolle der gewählten Interessenvertretung (Betriebs-/Personalrat) unterliegt einem Wandel.

Unsere Forschungen befassen sich mit (mikro-) politischen Regulierungen von Arbeitsbeziehungen, vor allem aber mit der Frage, welche moralischen Ansprüche Beschäftigte an ihre Arbeit stellen, ob und wie diese Ansprüche realisiert werden und wie gerechte und solidarische Verhältnisse gestaltet werden können.

Drei Themen stehen dabei zurzeit im Vordergrund:

  • Betriebsklima: Wenn im Arbeitsalltag von „Betriebsklima“ die Rede ist, geht es den Beteiligten um die Qualität der Zusammenarbeit, um das Miteinander im Betrieb. Im Begriff „Betriebsklima“ verdichtet sich die Vorstellung, dass Arbeit nicht auf einen ökonomischen Tauschakt Leistung gegen Lohn reduziert werden kann. Beschäftigte sehen ihre Zusammenarbeit immer auch als zwischenmenschlichen Austausch von Verständnis, Anerkennung und Unterstützung, bei dem es gerecht und solidarisch zugehen soll. Unsere Forschungsarbeiten befassen sich mit der Frage, welche Aspekte der Arbeitsbeziehungen eine Rolle spielen für das Betriebsklima und wie Aktivitäten zu seiner Gestaltung aussehen können.
  • Respekt: Respektvolles Verhalten der Kundschaft stellt für die Beschäftigten im Dienstleistungsbereich einen wichtigen Aspekt ihrer Arbeitsqualität dar. Die Kund*innen erwarten ihrerseits eine respektvolle und umsichtige Behandlung ihrer Anliegen. Mit unseren Forschungsarbeiten wollen wir herausfinden, wie in Dienstleistungsbetrieben gegenseitige respektvolle Interaktionen zwischen Beschäftigten und Kund*innen etabliert und gestaltet werden können. Dabei geht es sowohl um die Steuerung der Interaktion selbst wie auch um ihre Rahmenbedingungen. Wir fragen danach, wie respektvoller Umgang miteinander aussehen kann und wie für Klarheit und Angemessenheit der gegenseitigen Erwartungen in der Interaktion gesorgt werden kann.
  • Solidarität: Im kooperativen Arbeitsprozess ergeben sich immer auch Gelegenheiten für wechselseitige zwischenmenschliche Bindungen und Verpflichtungen. Solidarität beruht auf der Einsicht, dass jede Person in soziale Beziehungen eingebunden ist und dass die eigene Handlungsfähigkeit im Zusammenwirken mit anderen erweitert werden kann. In unseren Forschungsarbeiten analysieren wir Praktiken, mit denen Arbeitende ihre sozialen Beziehungen interaktiv in reziproken Austauschprozessen gestalten und zu Solidarität im Sinne eines Füreinander-Einstehens formen. Darüber hinaus gehen wir der Frage nach, ob und wie solche solidarischen Beziehungen vom Arbeitsplatz auf erweiterte Zusammenhänge in Gewerkschaften ausgedehnt werden bzw. was eine solche Ausweitung verhindert.

In unseren Lehrveranstaltungen soll den Studierenden Wissen vermittelt werden über die verschiedenen Institutionen der Arbeitswelt. Sie sollen dabei unterstützt werden, ihre eigene künftige Rolle in den Arbeitsbeziehungen zu reflektieren.

2. Kooperation zwischen Wissenschaft und Arbeitswelt

Wissenschaft findet in der Regel in gesonderten Institutionen statt, Forschungs-und Theoriearbeit abstrahiert von konkreten Gegebenheiten des Alltags. Ihre Aufgabe ist es, in der unübersichtlichen Vielfalt von Einzelheiten allgemeine Gesetzmäßigkeiten zu erkennen. Zur Anwendung in der Alltagswelt muss dieses abstrakt-theoretische Wissen wieder angereichert werden durch konkretes Erfahrungswissen, über das in der Regel nur Akteur*innen aus der Praxis verfügen. Diese müssen ihrerseits bereit sein, sich auf Wissenschaft einzulassen, Gewohnheiten in Frage zu stellen und Neues auszuprobieren. Hier findet eine Wechselwirkung statt, die mit dem üblichen Begriff „Transfer“ im Sinne von Übermittlung und Weitergabe von Wissen nicht hinreichend erfasst wird. Es ist Kooperation notwendig, um praktisches und wissenschaftliches Wissen zusammenzuführen.

Wenn wissenschaftliche Erkenntnisse für Veränderungen genutzt werden und Wissenschaftler*innen selbst an der Umsetzung beteiligt sind, stellt sich die Frage, auf welche Weise solche Prozesse organisiert werden. Im Rahmen beteiligungsorientierter Arbeitsgestaltung könnten sich neue Ansatzpunkte für eine Kooperation mit der Wissenschaft bieten. In der Wissenschaftsforschung wird in den letzten Jahren wieder vermehrt darüber diskutiert, inwieweit es sinnvoll sein könnte, Arbeitnehmer*innen nicht nur an der Einführung neuer Technologien und Organisationsformen zu beteiligen, sondern auch schon an den vorausgehenden Forschungen. Dabei wird angeknüpft an ältere Konzepte wie Aktionsforschung, Praxisforschung, öffentliche Wissenschaft, Wissenschaft im Modus 2 usw.

Wir gehen der Frage nach, ob und wie eine Zusammenarbeit zwischen Wissenschaftler*innen und Praxisakteur*innen aus der Arbeitswelt gestaltet werden kann, nicht nur um die Praxistauglichkeit wissenschaftlicher Erkenntnisse zu gewährleisten, sondern auch, um die Arbeit menschengerecht zu gestalten. Wir fragen danach, welche Formen einer Beteiligung von Arbeitnehmer*innen an Wissenschaft einerseits, einer Beteiligung von Wissenschaftler*innen an betrieblichen Veränderungen andererseits möglich und angemessen sind, wo Chancen und Risiken einer Zusammenarbeit liegen, welche Voraussetzungen gegeben sein müssen, damit sie für beide Seiten zu befriedigenden Ergebnissen führt.

In diesem Sinne sind unsere Forschungsarbeiten partizipativ angelengt. Darüber hinaus organisieren wir Workshops, Tagungen und Bildungsveranstaltungen, um Räume zu schaffen für einen Erfahrungsaustausch zwischen Wissenschaft und Arbeitswelt. Im Idealfall entstehen daraus Netzwerke und Projekte, in denen praktisches Wissen mit Erkenntnissen der Wissenschaft verbunden wird, um gemeinsam Problemlösungen zu erarbeiten.

Aus den eigenen Erfahrungen mit Veranstaltungen und Forschungsprojekten ziehen wir verallgemeinerbare Schlussfolgerungen über Möglichkeiten und Grenzen der Kooperation zwischen Wissenschaft und Arbeitswelt. Durch den Besuch von (insbesondere regionalen) Veranstaltungen, Teilnahme an Diskussionen und Gesprächen mit Akteur*innen aus Wissenschaft und Arbeitswelt werden weitere Erkenntnisse gewonnen und analysiert.

Basierend auf diesen Erfahrungen wird Studierenden in Lehrveranstaltungen Wissen vermittelt zum Stellenwert wissenschaftlicher Erkenntnisse in einer sich wandelnden Gesellschaft. Ziel ist es, Problembewusstsein zu wecken im Hinblick auf die Eigenart wissenschaftlicher Arbeit und die eigene Stellung als Wissenschaftler*in in der Gesellschaft.

              

Ausgewählte Projekte

  • „Wissenschaft in gesellschaftlicher Verantwortung“, Eigenprojekt
  • „Betriebsklima, Reziprozität und Gute Arbeit“, gefördert von der Hans Böckler-Stiftung
  • „Respekt in der Dienstleistungsarbeit“, gefördert vom BMBF

              

Ausgewählte Publikationen

  • Klaus Kock (Hg.): Arbeit erforschen und gestalten. Ein Querschnitt durch die Arbeitsforschung in der Sozialforschungsstelle Dortmund, sfs Beiträge aus der Forschung Band 201, Dortmund 2019
  • Klaus Kock / Edelgard Kutzner: Arbeit als kollegiales Handeln. Praktiken von Solidarität und Konkurrenz am Arbeitsplatz, in: Industrielle Beziehungen, Band 25, Heft 4/2018, S. 446-468
  • Andreas Flüchter / Klaus Kock / Bettina Lange / Philipp Renz: Gute Arbeit mit Kundschaft. Eine empirische Untersuchung über Anforderungen und Praktiken interaktiver Dienstleistungsarbeit, sfs Beiträge aus der Forschung Band 200, Dortmund 2018
  • Klaus Kock / Edelgard Kutzner: „Das ist ein Geben und Nehmen“. Eine empirische Untersuchung über Betriebsklima, Reziprozität und gute Arbeit; Forschung aus der Hans-Böckler-Stiftung Bd. 162, Berlin 2014
  • Klaus Kock: Wissenschaft in gesellschaftlicher Verantwortung, Arbeitspapier der Hans-Böckler-Stiftung 201, Düsseldorf 2010

                         

Team

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