Die Arbeiten des Forschungsbereichs befassen sich mit sozialen Beziehungen im Betrieb und ihren gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Insbesondere beschäftigen wir uns mit Fragen der Zusammenarbeit zwischen Arbeitnehmer*innen und ihren Interessenvertretungen mit Personen und Institutionen der Wissenschaft.
In unseren Forschungsprojekten, Veranstaltungen und Workshops führen wir wissenschaftliches und praktisches Wissen zusammen und binden Akteur*innen aus Wissenschaft und Arbeitswelt in kooperative Arbeitsformen ein. Auf diese Weise bieten wir Räume zur systematischen Zusammenarbeit, aus der neue Erkenntnisse für Wissenschaft und Praxis entstehen können.
Arbeitsbeziehungen (auch als „industrielle Beziehungen“ bezeichnet) werden in der Soziologie als Formen des Austausches zwischen Kapital und Arbeit gefasst, die im Arbeitsvertrag nur unvollständig geregelt werden können. Historisch hat sich ein komplexes Beziehungsgeflecht zwischen Organisationen, Institutionen, Gruppen und Personen herausgebildet, in dessen Rahmen Arbeitsverhältnisse reguliert werden. Im Wesentlichen geht es dabei um Auseinandersetzungen, Verhandlungen und Vereinbarungen über Beschäftigungs-, Arbeits- und Entlohnungsbedingungen von Gruppen und Kollektiven abhängig Beschäftigter.
Arbeit ist für die Beschäftigten jedoch nicht nur Mittel zur Realisierung materieller Interessen, sondern immer auch eine Sphäre zwischenmenschlicher Anerkennung. In Arbeitsbeziehungen erfahren Beschäftigte gegenseitige Unterstützung und Wertschätzung, nicht selten aber auch Rivalität und Missachtung. In der Zusammenarbeit wirken und entwickeln sich moralische Normen und Grundsätze, die das tägliche Miteinander regulieren und deren Verletzung erhebliche Konflikte verursachen kann.
Aktuell scheint sich in betrieblichen Sozialbeziehungen ein Formwandel zu vollziehen, der auf eine stärkere Beteiligung der Beschäftigten abzielt. Während im tayloristischen Managementkonzept Kontrolle und Steuerung der Arbeit durch formale Regelungen, Vorschriften und technische Vorgaben sichergestellt werden sollten, wird den Beschäftigten in neuen Organisationsformen mehr Handlungsspielraum belassen und mehr Verantwortung für ihre jeweilige Tätigkeit wie auch für die Zusammenarbeit übertragen. Damit stellen sich neue Fragen der Gestaltung sozialer Beziehungen. Auch die Rolle der gewählten Interessenvertretung (Betriebs-/Personalrat) unterliegt einem Wandel.
Unsere Forschungen befassen sich mit (mikro-) politischen Regulierungen von Arbeitsbeziehungen, vor allem aber mit der Frage, welche moralischen Ansprüche Beschäftigte an ihre Arbeit stellen, ob und wie diese Ansprüche realisiert werden und wie gerechte und solidarische Verhältnisse gestaltet werden können.
Drei Themen stehen dabei zurzeit im Vordergrund:
In unseren Lehrveranstaltungen soll den Studierenden Wissen vermittelt werden über die verschiedenen Institutionen der Arbeitswelt. Sie sollen dabei unterstützt werden, ihre eigene künftige Rolle in den Arbeitsbeziehungen zu reflektieren.
Wissenschaft findet in der Regel in gesonderten Institutionen statt, Forschungs-und Theoriearbeit abstrahiert von konkreten Gegebenheiten des Alltags. Ihre Aufgabe ist es, in der unübersichtlichen Vielfalt von Einzelheiten allgemeine Gesetzmäßigkeiten zu erkennen. Zur Anwendung in der Alltagswelt muss dieses abstrakt-theoretische Wissen wieder angereichert werden durch konkretes Erfahrungswissen, über das in der Regel nur Akteur*innen aus der Praxis verfügen. Diese müssen ihrerseits bereit sein, sich auf Wissenschaft einzulassen, Gewohnheiten in Frage zu stellen und Neues auszuprobieren. Hier findet eine Wechselwirkung statt, die mit dem üblichen Begriff „Transfer“ im Sinne von Übermittlung und Weitergabe von Wissen nicht hinreichend erfasst wird. Es ist Kooperation notwendig, um praktisches und wissenschaftliches Wissen zusammenzuführen.
Wenn wissenschaftliche Erkenntnisse für Veränderungen genutzt werden und Wissenschaftler*innen selbst an der Umsetzung beteiligt sind, stellt sich die Frage, auf welche Weise solche Prozesse organisiert werden. Im Rahmen beteiligungsorientierter Arbeitsgestaltung könnten sich neue Ansatzpunkte für eine Kooperation mit der Wissenschaft bieten. In der Wissenschaftsforschung wird in den letzten Jahren wieder vermehrt darüber diskutiert, inwieweit es sinnvoll sein könnte, Arbeitnehmer*innen nicht nur an der Einführung neuer Technologien und Organisationsformen zu beteiligen, sondern auch schon an den vorausgehenden Forschungen. Dabei wird angeknüpft an ältere Konzepte wie Aktionsforschung, Praxisforschung, öffentliche Wissenschaft, Wissenschaft im Modus 2 usw.
Wir gehen der Frage nach, ob und wie eine Zusammenarbeit zwischen Wissenschaftler*innen und Praxisakteur*innen aus der Arbeitswelt gestaltet werden kann, nicht nur um die Praxistauglichkeit wissenschaftlicher Erkenntnisse zu gewährleisten, sondern auch, um die Arbeit menschengerecht zu gestalten. Wir fragen danach, welche Formen einer Beteiligung von Arbeitnehmer*innen an Wissenschaft einerseits, einer Beteiligung von Wissenschaftler*innen an betrieblichen Veränderungen andererseits möglich und angemessen sind, wo Chancen und Risiken einer Zusammenarbeit liegen, welche Voraussetzungen gegeben sein müssen, damit sie für beide Seiten zu befriedigenden Ergebnissen führt.
In diesem Sinne sind unsere Forschungsarbeiten partizipativ angelengt. Darüber hinaus organisieren wir Workshops, Tagungen und Bildungsveranstaltungen, um Räume zu schaffen für einen Erfahrungsaustausch zwischen Wissenschaft und Arbeitswelt. Im Idealfall entstehen daraus Netzwerke und Projekte, in denen praktisches Wissen mit Erkenntnissen der Wissenschaft verbunden wird, um gemeinsam Problemlösungen zu erarbeiten.
Aus den eigenen Erfahrungen mit Veranstaltungen und Forschungsprojekten ziehen wir verallgemeinerbare Schlussfolgerungen über Möglichkeiten und Grenzen der Kooperation zwischen Wissenschaft und Arbeitswelt. Durch den Besuch von (insbesondere regionalen) Veranstaltungen, Teilnahme an Diskussionen und Gesprächen mit Akteur*innen aus Wissenschaft und Arbeitswelt werden weitere Erkenntnisse gewonnen und analysiert.
Basierend auf diesen Erfahrungen wird Studierenden in Lehrveranstaltungen Wissen vermittelt zum Stellenwert wissenschaftlicher Erkenntnisse in einer sich wandelnden Gesellschaft. Ziel ist es, Problembewusstsein zu wecken im Hinblick auf die Eigenart wissenschaftlicher Arbeit und die eigene Stellung als Wissenschaftler*in in der Gesellschaft.