Berufsfachlichkeit im Einzelhandel - eine umkämpfte Ressource
Untersucht wird in zeithistorischer Perspektive die Bedeutung von Berufsfachlichkeit für die Arbeit im Verkauf. Gefragt wird, wie es möglich ist, dass der Handel in so hohem Maße auf fachlich qualifiziertes weibliches Personal zugreifen konnte, ohne die im berufsfachlichen Segment des Ar-beitsmarktes erwartbaren Bedingungen zu bieten. These ist, dass im Einzelhandel damals ein sektor-spezifisches Spiel zwischen Erwartungen und Ansprüchen der Beschäftigten, der Unternehmen sowie der KonsumentInnen stattfand, das breite Spielräume für Konstruktionen von Berufsfachlichkeit ließ. Untersucht werden Konstellationen von Berufsfachlichkeit und Geschlechterverhältnissen im Verkauf zu Beginn der 1980er Jahre anhand einer sekundäranalytischen Auswertung von Interviews aus Be-triebsfallstudien. Ob der Arbeit im Verkauf die Merkmale der Berufsfachlichkeit zugeschrieben werden, hängt von den konkreten Formen der Arbeitsorganisation ab. Im impliziten Kampf um die Ressource Berufsfachlichkeit geraten die weiblichen Beschäftigten ins Abseits, weil ihre in einer verkaufsspezifi-schen Ausbildung gewonnenen Qualifikationen situativ eingekleidet werden mit und umgedeutet wer-den zu persönlichen Eigenschaften und alltagsweltlichen Erfahrungen. Die Selbstverständlichkeit der Berufsfachlichkeit wird dadurch in Frage gestellt.
Bibliographische Angaben: Hilf, Ellen; Jacobsen, Heike; Meschkutat, Bärbel; Pohlheim, Katja: Berufsfachlichkeit im Einzelhandel - eine umkämpfte Ressource; In: Arbeits- und industriesoziologische Studien, Band: 11, Heft 1, Mai/2018, 60-75