Ende der Talfahrt?

Entwicklung der Beschäftigung im Östlichen Ruhrgebiet

Strukturwandel bedeutete für das Östliche Ruhrgebiet in den letzten Jahrzehnten hohe Arbeitsplatzverluste in den etablierten "alten" Branchen und weniger hohe Arbeitsplatzgewinne hauptsächlich in den Dienstleistungsbereichen. Nach der Stilllegung der letzten beiden Stahlwerke Westfalenhütte und Phoenix in Dortmund im Jahr 2001 ist die beschäftigungspolitische Bedeutung der Montanindustrie in der Region erheblich geschrumpft. Um den Strukturwandel zu beschleunigen und die in Jahrzehnten entstandenen Beschäftigungslücken zu schließen, setzt die Region auf zukunftsfähige Branchen wie Logistik, Informations- und Kommunikationswirtschaft, Mikrosystemtechnik oder auch auf die Gesundheitswirtschaft. Für die Strategie einer gezielten Konzentration auf so genannte Zukunftsbranchen steht insbesondere das "dortmund-project", das im Jahr 2001 an den Start ging, um den Auf- und Ausbau einiger Branchen gezielte zu fördern und die (erhebliche) Beschäftigungslücke zu schließen. Bereits vor 20 Jahren wurde mit dem Technologiezentrum und Technologiepark Dortmund eine erste Voraussetzung für einen erfolgreichen Beschäftigungsaufbau geschaffen. Trotz solcher Initiativen hat die große Beschäftigungslücke nach wie vor Bestand. In den letzten Jahren gab es eine zaghafte Annäherung an die landesweite Entwicklung. Dies kann als vorläufi ges Ende eines Negativtrends und als Erfolg von Wirtschaftsförderungsstrategien gedeutet werden. Bedeutet dies aber auch, dass nun ein Aufwärtstrend einsetzt und zumindest der Rückstand zum Land NRW aufgeholt werden kann? Die vorliegende statistische Analyse gibt darauf keine eindeutigen Hinweise. Es zeigt sich aber, dass das überdurchschnittlich hohe Wachstum an Arbeitsplätzen im Dienstleistungsbereich die nach wie vor überdurchschnittlich hohen Verluste im industriellen Bereich nicht ausgleichen konnte. Die Anteile haben sich umgekehrt. Heute arbeiten in der früher von der Montanindustrie geprägten Region weit weniger Beschäftigte im sekundären Sektor als im landesweiten Durchschnitt. Das bedeutet umgekehrt, dass im Dienstleistungsbereich eine weit über dem Durchschnitt des Landes liegende Zahl neuer Arbeitsplätze geschaffen werden müsste, um einen Ausgleich zu erreichen. Ob dieser Anspruch eingelöst werden kann, ist in Anbetracht des nachhaltig wirkenden Substanzverlustes im sekundären Sektor zweifelhaft. Eine Strategie, die beispielsweise die Zusammenarbeit zwischen alten und neuen Branchen, die Entwicklung neuer Arbeitsfelder fördert und damit die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit der etablierten Branchen gezielt unterstützt, gab es bisher nur ansatzweise. Die ursprüngliche Absicht dieses Berichtes war es, die oben schemenhaft beschriebene regionale Situation durch eine differenziertere Analyse der Beschäftigungsentwicklung in einzelnen Wirtschaftszweigen der Region insgesamt und innerhalb der Region in Dortmund, Hamm und dem Kreis Unna, sowie als Referenzgrößen die entsprechenden Entwicklungen auf Landesebene darzustellen. Nach Vorlage der ersten statistischen Analyse der Kooperationsstelle aus dem Jahr 1998 (vergl. Kock 1998), die auf große Resonanz in der Region gestoßen ist, hätte dieser Bericht dann den Charakter einer Fortschreibung gehabt. In den letzten Jahren hat sich der Blickwinkel verändert. Die immer stärkere Zunahme atypischer Beschäftigungsformen wie beispielsweise befristete Beschäftigungsverhältnisse, Leiharbeit, Mini- und Midijobs, zwingen dazu, auch diese Veränderungen zu berücksichtigen, wenn es um eine statistische Analyse der Beschäftigungsentwicklung einer Region geht. Denn ein rein numerischer Vergleich statistischer Beschäftigungsdaten würde die Entwicklung heute nur sehr unzureichend beschreiben und darüber hinaus gegebenenfalls zu falschen Schlüssen verleiten. Insbesondere vor dem Hintergrund einer veränderten Beschäftigungspolitik, die die Verteilung der Arbeit auf mehr Köpfe fördert und dies auch subventioniert, stellt sich die Frage der Substitution von Arbeitsverhältnissen und von sozialversicherungspfl ichtiger durch nicht sozialversicherungspflichtiger...

Bibliographische Angaben:
Boeckmann, Klaus:
Ende der Talfahrt?
Entwicklung der Beschäftigung im Östlichen Ruhrgebiet ;

In: Kooperationsstelle Wissenschaft - Arbeitswelt (Hrsg.): ;
Dortmund: sfs - Eigenverlag , 2006
ISBN: 0937-7379



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